141 Kilometer standen auf dem Programm, ich schaute nochmal ganz in Ruhe auf den Kilimanjaro. Er zeigte sich in voller Pracht. Hatte sehr gut geschlafen, das Frühstueck war in Ordnung, also konnte es aus meiner Sicht los gehen. Der Start verzögerte sich, wieder um 30 Minuten, was natürlich im Rahmen liegt. Woran man aber auch arbeiten sollte. Gut, ganz unschuldig war ich auch nicht, denn ich fuhr aus der Startaufstellung nochmal raus um zu helfen. Durch die Anstrengung des Vortages rebellierte Nicolas Körper. Magen-Darm-Probleme, ich empfehlte kein Iso-Getraenk zu nehmen. Nur Wasser & Cola, aus meiner Reiseapotheke wollte er nichts. Schön das ich diese bis heute noch nicht brauchte. Die Startklappe schlug zu und die Race, wie sollte es auch anders sein, begann mit Vollgas! Der Zeitabstand zwischen Platz 1 Said und 2 Yuma betrug nur eine Minute. Es ging 20 km eine Strasse voller tiefen Splitt bergauf. Sie rissen mächtig an Ihren Lenkerhörnchen. Nach 5 km fuhren wir wieder zu dritt. Ich war der lachende Dritte, denn 50 Minuten raus zu fahren war unmöglich. Verfahren wollte ich mich auch nicht wieder, somit musste ich nur zu sehen, da dran zu bleiben. Was anfänglich richtig hart war! Nichts mit zum Kili hochschauen oder den Blick in die Ebene des Amboseli Nationalparkes schweifen lassen. Erstmal war in den Lenker beissen angesagt, denn ich sass ja deshalb auf den Rad, weil ich KiliMan werden wollte. Yuma & Said hielten das Tempo richtig hoch. Ich dachte, so lange wie Du hier dran bleibst, machst du Zeit auf den schwarzen Riesen gut. Den Splitt hatten wir besiegt, nun wurde es richtig hart. Steile Bergstücken auf und ab , gesäät mit richtigen Felssteinen, Löchern und alles was man zum Mountainbiken braucht. Meine Oberarme taten mittlerweile auch schon weh (so etwas kenne ich von keiner Transalp). Nur das war es nicht, was mir Sorgen machte. Meine Arme brannten, mein Kopf glühte. Das war alles zu ertragen, aber die ersten Hilferufe meiner Oberschenkelmuskulatur machte mir mehr Sorgen als alles andere, was mein Gehirn noch wahrnahm. Da konnte nur eins helfen trinken, trinken, trinken und optimale Gänge fahren! Bei den Gedanken, das es noch knapp 100 Km sind, wurde mir ganz anders. Da sank der Motivationsfaktor ziehmlich. Was mich immer wieder beflügelte, war der Fakt: “Am Hinterrad der beiden kannst du dich nicht verfahren (Peer wird jetzt an unsere sonntäglichen Ausfahrten denken). Wir hatten Situation, wo wir uns alle 3 anschauten und uns nach dem richtigen Weg fragten. Passte immer! Also kein Vorwurf an die Organisation, Verbesserungsvorschläge nimmt die Race Direktorin ja gern an. Man sollte nicht vergessen, wir sind hier in Afrika. Ab km 70 wurden die beiden ruhiger, Yuma war ziehmlich breit, er musste bei Anstiegen meist reissen lassen. Mittlerweile gesellte sich Saids Teamgefährte zu uns, für mich etwas fraglich, wie er es gemacht hat. Ich denke er hat seine Kralle ausgestreckt. Die Foodpoints funktionierten mehr schlecht als recht, nur da waren sie und das ist das Wichtigste. Wasser, Cola, Bananen,Orangen und Kekse. Keiner musste Durst und Hunger erleiden. Wir 4 wurden gut vom Motorrad versorgt, hätte nicht besser sein können. Nun ging auch alles etwas ruhiger zur Sache. Wir durchfuhren Massai-Dörfer, die weiten Blicke in die Ferne erinnerten mich an Filme und Bilder über Afrika. Mit dem Bike erlebt man viele Dinge intensiver und ich war ziehmlich entspannt, trotz des ständigen Zuckens in meinen Oberschenkel. Für mich war klar das ich bis zum Ziel mitfahren werde, das Tempo wurde hoch gehalten und die Angst sich zu verfahren zu groß. Die Kraft für den Marathon zu sparen war auch noch ein wichtiger Aspekt. Denn 3 h 10 min auf der Strecke sollten auch erstmal gelaufen sein. 20 km vor dem Ziel fragte ich nach dem schwarzen Riesen. Mike auf dem Motorrad sitzend, meinte: After, after long time. Das beruhigte mich, wie sollte es auch anders sein, denn er war ja gleich am ersten Berg abgehängt. Ich rechnete mit 20 Minuten, das erhöhte meine Chance in der Gesamtwertung zu gewinnen. So kamen wir den Ziel näher. Am Ortsrand von Moshi übernahm Yuma die Führung und forcierte das Tempo ungemein, beeindruckend. Ich fuhr einfach mit und wollte die Etappe natürlich gewinnen. So ein bischen fühlte ich mich wie vor 22 Jahren, als ich meine letzten Radrennen fuhr. Listig und schnell war ich damals auch. Das Tempo war auf 48 km/h. Wir überholten das Führungsmotorrad, irgendwie waren die Leute der Situation nicht gewachsen. Wir wurden schneller und schneller, der Kreisel in Sicht, ich setzte ich mich an die Spitze. 61 km/h die Helfer waren von der Geschwindigkeit so überrascht, dass sie den Verkehr nicht stoppen konnten, wir hätten links abbiegen müssen. Wir fuhren am Ziel vorbei, somit habe ich die Etappe wieder nicht gewinnen können! Ich fuhr über die Ziellinie, in dem Moment erstarrte, so glaube ich, Christina! [Kommentar Christina: Ich erstarrte schon in den Moment als Mario am Ziel vorbeifuhr…] Um keinen Wutausbruch zu bekommen, fuhr ich gleich nach Kiboriloni, duschte mich und gönnte mir 2 Kilimanjaros und bekam lecker zu essen. [Kommentar Christina: Mario ist böse schimpefend durchs Ziel gefahren, hab ich vollständig verstanden!]
Die Vorbereitung für den Marathon begann. Haare schneiden, Massage, das alles diesmal nicht im Hotel, sondern in ein Saloon in Moshi auf Empfehlung von Neema der Hausherrin in Kiboriloni! Geile Sache! So etwas Exaktes habe ich noch nicht erlebt. Ich lasse mir in jeden Land, wo ich bin die Haare schneiden. Kann nur sagen, hier traf ich Mister und Misses Perfekt. Hinzu kam, dass ganz Moshi im Marathon-Fieber war. Bei der Auswertung der Bike Race Etappe erfuhr ich, dass der schwarze Riese nur 3 Minuten eingebühst hatte. Schon sehr merkwuerdig! Wer 137 Km alleine zurück legt und auf 4 Biker, die ein gutes Tempo gefahren sind, nur 3 Minuten verliert, der hätte das Rennen eigentlich gewinnen müssen! Das ist eben Afrika! 37 Minuten Rückstand auf den schwarzen Riesen! Ich sagte mi, im Marathon ist alles moeglich, du musst nur gut durch kommen!
Somit verabschiedete ich mich mit einem Kilimanjaro ins Bett!